Vorträge
Stefan Christoph, MA | Universtät Passau
Verschwörungsideologische Denkmuster stellen ein Problem für das Zusammenleben in einem demokratischen Gemeinwesen dar. Sie degradieren Wahrheit zu einem rein subjektiven Feld, bevorzugen autoritäre Lösungen und schränken die Handlungsmöglichkeiten eines Gemeinwesens ein (Christoph 2022). Die Frage, wie wir mit Verschwörungsideologie umgehen wollen und wie wir verschwörungsideologische Denkmuster frühzeitig erkennen können, ist eine wichtige Frage für Beschäftigte in sozialen Berufen, nicht nur für Sozialarbeiter*innen, sondern beispielsweise auch für Lehrer*innen.
Verschwörungsideologische Denkmuster können auch für den*die einzelne*n Betroffene*n zu einem Problem in der Persönlichkeitsentwicklung werden. Pathologische Lernprozesse können dazu führen, dass neue Erfahrungen nicht mehr zu einem Lernprozess führen, sondern beispielsweise zur Abspaltung eines ganzen Sachverhaltes, der mit dem eigenen ideologischen Rahmen nicht mehr vereinbar ist (Jachtenfuchs 1993; Deutsch 1973). Dies kann sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene fatal sein, da es nicht nur dissonanten Wahrnehmungen - und damit wiederum verschwörungsideologischen Welterklärungsmustern - Vorschub leistet, sondern auch eingeübte Lernprozesse außer Kraft setzen kann.
Die Hochschullehre, nicht nur, aber insbesondere in den sozial- und erziehungswissenschaftlichen Fächern, sollte sich daher mit Konzepten beschäftigen, um verschwörungsideologische Denkmuster abzubauen und auch im späteren Berufsleben einen angemessenen Umgang damit zu finden. Vielversprechend erscheint dabei ein Ansatz, der die Ursache von Verschwörungsnarrativen nicht rein defizitorientiert in mangelndem Wissen sieht, das durch reine Wissensvermittlung behoben werden könnte. Vielmehr sollte die Ausbildung von Resilienz gegenüber verschwörungsideologischen Denkmustern sowie eine Art demokratische Selbstwirksamkeit gezielt gefördert werden, um verschwörungsideologische Denkmuster gar nicht erst entstehen zu lassen - und auch um später Handwerkszeug für den Umgang mit dem Phänomen im Berufsalltag zur Hand zu haben.
Dr. Lisa David (Service- und Kompetenzzentrum für Lehr-/Lernentwicklung und Bildungsangebote der FH St. Pölten) & Marlene Cermak , BA MA (Service- und Kompetenzzentrum für Hochschulentwicklung und Qualitätsmanagement der FH St. Pölten)
Duale Studiengänge fördern in besonderer Weise den Transfer von wissenschaftlichem Wissen in den beruflichen Kontext durch die Kooperation der beiden Lernorte, Hochschule und Unternehmen. Dieses systematische Literaturreview untersucht die aktuellen Forschungsergebnisse zu didaktischen Methoden und Ansätzen, die in dualen Studiengängen angewendet werden. Ziel ist es, herauszufinden, welche didaktischen Strategien Lernergebnisse besonders fördert und welche Herausforderungen und Chancen sich in der didaktischen Gestaltung dieser Programme ergeben. In diesem Vortrag werden Empfehlungen für die Lehrpraxis und Gestaltung von Studiengängen aufgezeigt.
FH-Prof. Dr. Thomas Felberbauer , MSc & Christine Schmid, MA (FH St. Pölten)
Die Gestaltung von Curricula in dualen Studiengängen erfordert eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis, um den spezifischen Anforderungen sowohl der Hochschule als auch der beteiligten Unternehmen bzw. Praxispartner*innen gerecht zu werden. Der Beitrag zeigt auf, wie Theorie und Praxis in zwei dualen Studiengängen an der FH St. Pölten aufeinander abgestimmt wurden und wie der Entwicklungsprozess gestaltet wurde. Aufbauend auf den Erfahrungen aus der Entwicklung und Umsetzung sowie der Zusammenarbeit mit Praxispartner*innen werden Erfolgsfaktoren, Herausforderungen und innovative Ansätze beleuchtet. Der Vortrag bietet praxisnahe Einblicke in die Entwicklung dualer Studiengänge und lädt zu einer anschließenden Diskussion ein.
Dr.phil Nathalie Fratini | Ministère de l'Éducation nationale, de l'Enfance et de la Jeunesse. Service de la formation professionnelle
"Pratique réflexive" als fester Bestandteil der Ausbildung zur sozio-pädagogischen Fachkraft - Kann man Persönlichkeitsentwicklung curricular verankern?
Die Berufsausbildung zur sozio-pädagogischen Fachkraft auf EQ-Niveau 3 bereit Lernende darauf vor, die non-formale Bildungsarbeit von Kindern und Jugendlichen mitzugestalten. Beim Start des Ausarbeitens des Curriculums in den Jahren 2021 und 2022 wurde sehr schnell deutlich, dass neben den Fachkompetenzen hier vor allem auch ein großer Schwerpunkt auf die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Menschen gelegt werden muss.
Doch wie können Lernende ab fünfzehn Jahren dabei begleitet werden, relevante transversale Kompetenzen zu entwickeln, die wichtig für die Arbeit im sozialen Bereich sind? Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, dass diese Arbeit an der eigenen Persönlichkeit im schulischen Teil der Ausbildung stattfinden kann und wie müsste eine adäquate Begleitung aussehen?
In Luxemburg werden aktuell um die 130 sekundäre Berufsausbildungen in ganz unterschiedlichen Bereichen angeboten. Natürlich wird implizit davon ausgegangen, dass sich parallel zur beruflichen Entwicklung auch die Persönlichkeit weiter entfaltet, doch dieser Aspekt war bis jetzt noch kein fester Bestandteil der Curricula.
Bei der Ausbildung zur sozio-pädagogischen Fachkraft mussten also neue Wege gegangen werden und so entstand die Idee zum Modul „Pratique réflexive“, das nun jedes Semester drei Stunden pro Woche im Lehrplan verankert ist. Um als offizielles Modul anerkannt zu werden, muss, wie auch in den Fachmodulen, eine Reihe von Kompetenzen formuliert werden, an denen im Laufe eines Semesters gearbeitet werden kann und die am Ende zertifiziert werden können.
Spannende Herausforderungen waren vor allem das jugendliche Alter der Lernenden sowie das nötige Umdenken in der Lehr-Lern-Kultur der verschiedenen Partner. Die Begleitung der Lernenden bedingt eine andere Art des Arbeitens im Unterricht und war für die Mehrzahl der Lehrenden ein Novum.
Aus diesem Grund musste die curriculare Arbeitsgruppe gleich auch Unterrichtskonzepte mit möglichen Herangehensweisen mitdenken, die nun seit dem Start der Ausbildung im September 2022 in den Schulen ausgetestet werden. Daneben werden bei Bedarf maßgeschneiderte Weiterbildungen für das Lehrpersonal angeboten und es wird regelmäßig Raum für den Austausch von Best Practices gegeben.
Erste Reaktionen der Lernenden, aber auch der Ausbildungspartner im beruflichen Umfeld zeigen, dass ein Modul wie „Pratique réflexive“ eine sinnvolle Erweiterung des Curriculums einer Berufsausbildung sein kann, so dass diese Modul-Reihe in Zukunft auch für andere Bereiche angepasst und umgesetzt werden soll.
Dr. Vera Oostinga | ASH Berlin
Im Rahmen des Symposiums möchte ich die Erkenntnisse aus meinem Seminar „Gesundheitsförderliche Persönlichkeitsentwicklung im Lern- und Erfahrungsraum NATUR“ schildern, dass ich an der Alice Salomon Hochschule Berlin in den Studiengängen «Soziale Arbeit« und «Erziehung und Bildung in der Kindheit« durchführe. Darüber hinaus möchte ich auch teilgenommene Studierende selbst zu Wort kommen lassen, indem ich aus ihren Selbstreflexionen berichte.
Die theoretische Konzeption für das mehrtägige Hochschul-Bildungsangebot beruht in erster Linie auf den qualitativen Forschungsergebnissen meiner Promotion sowie auf meinen langjährigen Lehrerfahrungen in der Erwachsenenbildung in den Bereichen des skandinavischen Friluftsliv, gemeinsamen Singens in der Natur und vor allem der existentiellen Selbsterforschung in und mit der Natur.
Das Thema des oben genannten Hochschulseminars ist im Kontext des Diskurses von Persönlichkeitsbildung und der Förderung von Studierendengesundheit in Hochschulausbildungen zu sehen. Durch das Seminar sollen die Entwicklung bzw. Stärkung der persönlichen Fähigkeit achtsamer Natur- und Selbstwahrnehmung gefördert, Persönlichkeits-Entwicklungsprozesse angestoßen und subjektive Gesundheitsförderung unterstützt werden.
Persönlichkeitsstärkung wird im Seminar insbesondere angeregt durch angeleitete Selbsterfahrungen im Fühlen des eigenen Leibes und durch die Bewusst-Werdung subjektiv empfundener Zufriedenheit und damit psychisch seelischer Gesundheit oder aber Unzufriedenheit. Es werden persönliche Fähigkeiten zur Bewältigung innerer sowie äußerer Anforderungen und Belastungen sichtbar (gemacht). Zentral ist hierbei das selbstaktive innere Verbinden von emotional leiblichem subjektivem Natur-Erleben mit eigenen bewussten Persönlichkeitsstrukturen. Diese Kopplung besitzt eine hohe Relevanz für den Bildungskontext Natur und Gesundheit.
Eine Zielstellung des Seminars betrifft die nachhaltige Initiierung selbstregulativen Gesundheitshandelns der Studierenden aufgrund der persönlich reflektierten Lebens(un)zufriedenheit. Bestenfalls können die Studierenden diesbezüglich an ein oder mehreren Folgeseminaren teilnehmen. Durch diese Art der Festigung und tiefen Verankerung neuer Persönlichkeitsstrukturen in Form veränderten Fühlens, Denkens und Verhaltens im Selbstsystem kann subjektives Gesundheitsverhalten nicht nur zu dauerhafter persönlicher Gesundheit, sondern vor allem zu zwischenmenschlich gesunden Beziehungen führen.
Lisa-Marie Seyfried, MSc | Universität Bremen
Ziel des Studiengangs Wirtschaftspsychologie der Universität Bremen ist es, junge Menschen zu Entscheidungsträger:innen und Gestalter:innen zukunftsfähiger Organisationen auszubilden. Angesichts tiefgreifender Veränderungen der Lebens- und Arbeitswelt möchte der Studiengang einen Beitrag zur Bewältigung existierender und zukünftiger Problemlagen leisten. Die Beobachtungen der Lehrenden sowie aktuelle Forschungsergebnisse zeigen: Unter den Rahmenbedingungen einer sich immer schneller verändernden Welt sind neben Fachwissen zunehmend andere Kompetenzen, wie etwa Sozial- und Selbst-Kompetenzen von Relevanz, um nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen bei der Bewältigung von Komplexität, Unsicherheit, Ambiguität und Ungewissheit zu unterstützen. Eine Form der Begleitung dieser Herausforderungen kann Coaching, eine lösungs- und ressourcenorientierte Beratungsform, sein.
Seit dem Wintersemester 2022/2023 können Studierende des Masters studienbegleitend eine Coachingausbildung nach Standards eines europäischen Coaching-Verbandes absolvieren. Eine solche Form der Ausbildung stellt neben coaching-spezifischem Fach- und Methodenwissen vor allem das Einnehmen einer professionellen coachenden Haltung in den Mittelpunkt. Den Teilnehmenden wird ein Möglichkeitsraum für die individuelle Persönlichkeitsbildung eröffnet, der sie gleichermaßen darauf vorbereitet unter komplexen Rahmenbedingungen handlungsfähig zu bleiben und in ihrer Rolle als Coach andere Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten. In den Fokus des Lernens rücken die eigene Person und das reflektierte Handeln in der Rolle als Coach. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken, Grenzen, Fähigkeiten, Ängsten oder Handlungsmustern. Doch wie kann die personenzentrierte Arbeit im universitären Kontext gelingen? Welche An- und Herausforderungen stellen sich für Lehrende und Lernende? Inwiefern müssen sich Rollen und Rahmenbedingungen verändern?
Der Beitrag fasst Erfahrungen und Erkenntnisse zusammen und gibt einen Einblick in die Arbeit des Instituts für Nachhaltigkeitscoaching, das die Weiterbildung anbietet, sowie einen Ausblick auf die Frage, weshalb Persönlichkeitsbildung relevant ist für Bildung für Nachhaltige Entwicklung.