Keynotes
TAG 1 | Mittwoch, 20.09.2023
Assoz. Prof. Mag. Dr. Maria Anastasiadis | Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz
Dieser Beitrag geht der Frage nach, was Soziale Unternehmen im arbeitsmarktpolitischen Kontext zur Sozialen Innovation beitragen und welche Faktoren darauf Einfluss nehmen. Dazu wird in einem ersten Schritt das Verhältnis zwischen Sozialer Innovation und Sozialen Unternehmen theoretisch geklärt. Ausgehend von einschlägigen Definitionen Sozialer Innovation werden Merkmale gefiltert (z.B. Neuartigkeit, Deckung sozialer Bedarfe, Schaffung neuer Beziehungen und Kooperationen, Nutzen für die Gesellschaft) (siehe Howaldt et al. 2014). Diese werden mit theoretisch hergeleiteten Charakteristiken von Sozialen Unternehmen in Verbindung gesetzt (z.B. nicht unter öffentlicher Trägerschaft, nicht-gewinnmaximierend, partizipativ strukturiert und am gemeinwohlorientierte Dienstleistungserbringung) (siehe Defourny et al. 2021). Abrundend werden ausgewählte organisationstheoretische Modelle in den Blick genommen, die die Wechselwirkung zwischen Organisation und Institution erklären (z.B. Intermediarität von Evers & Olk oder die rekursive Konstitution von Ortmann, Sydow & Türk). In einem zweiten Schritt werden auf Basis umfassender empirischer Arbeiten die Entwicklungslinien von Sozialen Unternehmen im arbeitsmarktpolitischen Kontext skizziert und die Dynamik zwischen Innovation und sozialpolitischer Vereinnahmung an Beispielen illustriert.
In den Forschungsergebnissen lassen sich vielfältige Spuren Sozialer Innovation erkennen, die sich insbesondere auf die Entwicklung bedarfsorientierter Lösungen, die Etablierung von Vernetzungsstrukturen und sich wandelnder Organisationsmodelle sowie Finanzierungswege beziehen. Erkennbar wird, dass kontextuelle Faktoren förderlich oder hemmend auf Innovationsleistungen wirken (z.B. gesellschaftliche Bedarfslagen, Ökonomisierungstendenzen, spezifische Förderprogramme), umgekehrt gestalten Soziale Unternehmen durch ihre Innovationen den gesellschaftlichen Wandel mit. Diese Wechselseitigkeit wird im letzten Teil des Beitrages thematisiert und kritisch reflektiert.
Mag.a Charlotte Gruber, MA | arbeit plus Steiermark
Einleitend wird der Arbeitsbegriff historisch, gesellschaftskritisch und philosophisch beleuchtet: von Physik und Philosophie in der Antike, über die Veränderung des Verständnisses von „Arbeit“ vom Mittelalter bis in die Neuzeit, bis hin zu feministischen Ansätzen der Gegenwart-
Basierend auf der Unterscheidung zweier grundlegender Ansätze, nämlich „Welfare“ und „Workfare“, werden Rahmenbedingungen Sozialer Unternehmen – und somit ihrer (Transit)Mitarbeiter*innen und Klient*innen – untersucht. Im „Welfare“-Ansatz steht der Mensch im Mittelpunkt, die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik gesteht den Menschen ein Recht auf Unterstützung zu. Wohingegen im „Workfare“-Ansatz soziale Unterstützung an Bedingungen geknüpft wird. Arbeitsmarktpolitik zielt auf Aktivierung ab, (Langzeit-)Erwerbsarbeitslose Menschen sollen mehr gefordert als gefördert werden.
Anhand europäischer Beispiele, wie etwa dem französischen Programm Territoire zéro chômeur de longue durée (Null Langzeitarbeitslose in der Region), sozialen Genossenschaften in Italien oder aktuellen Praxisberichten einer Exkursion zu Sozialen Unternehmen nach Belgien 2023, wird gemeinsam mit den Workshop-Teilnehmer*innen ausgelotet, ob und wie es gelingen kann, in diesem Spannungsfeld politischer Rahmenbedingungen wie „Welfare“ und „Workfare“ den Menschen weiterhin im Mittelpunkt zu behalten.
Denn die Erfahrung aus den Sozialen Unternehmen – insbesondere im Schatten der Pandemie und multipler Krisen – zeigt: ein inklusiver Arbeitsmarkt kann nur funktionieren, wenn sich Angebote und Strukturen an den Bedürfnissen (Langzeit-)Erwerbsarbeitsloser orientieren. Dazu zählen u.a. die Anpassung der Verweildauer in Sozialen Unternehmen an die Erfordernisse der betroffenen Personen oder Modelle stufenweiser (Re-)Integration. Nur so kann einer zunehmenden Verunsicherung und Ausgrenzung erwerbsloser Menschen entgegengewirkt werden und gleichzeitig gesamtgesellschaftlicher sozialer Mehrwert – etwa durch die Erbringung kommunaler Aufgaben – generiert werden.
Clara Moder, MSc & Mag.a Sabine Rehbichler | arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich
Erwerbsarbeit ist in Österreich nach wie vor zentral für Existenzsicherung und gesellschaftliche Teilhabe. Wer keiner Erwerbsarbeit nachgeht, erzielt nicht nur kein Einkommen, sondern kann auch viele sozialstaatliche Ansprüche nicht erwerben. Neben der ökonomischen Bedeutung erfüllt Erwerbsarbeit soziale („latente“) Funktionen, die erstmals Marie Jahoda in den 1930er Jahren festhielt. Dazu zählen etwa die Tagesstruktur oder soziale Anerkennung. Erwerbsarbeitslosigkeit dagegen bedeutet Stigmatisierung und ist für Betroffene belastend – insbesondere, wenn sie sehr lange andauert.
Gleichzeitig ist Erwerbsarbeit auch aus klimapolitischer Sicht relevant: Die Inhalte und Organisation von Erwerbsarbeit tragen zu CO2 Emissionen bei, eine Re-Organisation von Arbeit ist in Hinblick auf die Eindämmung der Klimakrise dringend notwendig. Auf europäischer Ebene werden seit einiger Zeit „Green Jobs“ in den Fokus gestellt. Nachhaltige Erwerbsarbeit muss aber die oben beschriebene Komplexität berücksichtigen: Es ist nicht ausreichend, die Inhalte von Erwerbsarbeit „grün“ zu gestalten. Vielmehr braucht es gute, an die Bedürfnisse der Menschen angepasste Arbeitsbedingungen, sowie Reflexion darüber, welche Tätigkeiten gesellschaftlich notwendig und ökologisch sinnvoll sind. „Decent green jobs“ sollten das Ziel einer progressiven Arbeitsmarktpolitik sein, da dieser Ansatzpunkt gerade für Menschen, die sehr lange ohne Job waren, großes Potential bietet.
Soziale Unternehmen, die in der Kreislaufwirtschaft tätig sind, kombinieren diese Ansprüche bereits seit Jahrzehnten: Sie tragen durch Tätigkeitsfelder wie Recycling, ReUse und Reparatur zu ökologischer Nachhaltigkeit bei und bieten dabei Menschen, die bereits sehr lange von den sozialen Funktionen von Erwerbsarbeit ausgeschlossen waren, die Möglichkeit, wieder anzuknüpfen. Gleichzeitig sind die Sozialen Unternehmen an die Rahmenbedingungen der Aktiven Arbeitsmarktpolitik gebunden, ihr Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit bleibt oft unsichtbar. Vor dem Hintergrund dieses Spannungsfelds versucht der vorgeschlagene Beitrag, Antworten u.a. auf die folgenden Fragen zu finden:
* Was macht „gute Arbeit“ für Menschen nach lange andauernder Arbeitslosigkeit aus?
* Welche Rolle spielt die Dimension ökologischer Nachhaltigkeit dabei?
* Wo liegen für Soziale Unternehmen Synergien zwischen sozialen und ökologischen Zielen, wo tun sich Widersprüche auf?
* Welche Forderungen an die Politik lassen sich daraus ableiten?
Der Vortrag basiert auf Interviews und diskutiert die oben gestellten Fragen entlang von Realitäten in Sozialen Unternehmen. Die anschließende Diskussion soll einerseits auf politische Implikationen fokussieren, andererseits die Möglichkeit für Erfahrungsaustausch aus der Praxis der Sozialen Arbeit im Kontext der Arbeitsmarktintegration bieten.
Mag.a (FH) Karin Höllinger | Schmiede – Zukunft und Arbeit
Die Schmiede – Zukunft und Arbeit ist ein gemeinnütziges Beschäftigungsprojekt in Korneuburg, das vom AMS NÖ, vom Land NÖ und von der Stadtgemeinde Korneuburg finanziert wird. In der Schmiede bieten wir vielfältige Begegnungs-, Lern- und Arbeitsräume an, um am Puls der Zeit genau jene Lebens- und Arbeitsfähigkeiten zu schulen, die in Zeiten raschen Wandels und großer gesellschaftlicher Herausforderungen wesentlich sind. Dabei setzen wir auf die individuelle Förderung der Stärken und Fähigkeiten unserer Mitarbeiter_innen. Sozialarbeit findet hier auf mehreren Ebenen statt: in Einzel- und Gruppenarbeit, in Trainings und über Projektarbeit.
Die Schmiede liegt im Business Park K01 Wien Nord, ein versiegelter, zweckdienlicher Bereich mit wenig bis kaum Grünflächen. Dementsprechend war auch der Außenauftritt der Schmiede bis Ende 2021 von Beton geprägt. Die Umstrukturierung der Schmiede 2019/2020 und diese neue Lage reflektiert sich in der Sozialarbeit in gemeinsamer kreativer Projektarbeit zur Neugestaltung und Aufwertung der Arbeits- und Aufenthaltsräume, mit dem Ziel Selbstwert und Selbstbestimmung und die Identifikation mit der neuen Arbeitsstelle bestmöglich zu unterstützen.
Im ersten Schritt wurde im Innenbereich der Schulungsraum und Eingangsbereich gemeinsam begrünt und wohnlicher gestaltet. Hier orientierten wir uns an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen über die positive Wirkung von Grünpflanzen und Farben auf die emotionale Entwicklung und Gesundheit sowie die Steigerung der Merk- und Lernfähigkeit. Die Mitarbeiter_innen wurden hierfür eng in den Entwicklungs- und Gestaltungsprozess eingebunden, sodass das Projekt ein Gemeinschaftsprojekt wurde. Bei derartigen Projekten werden zahlreiche wichtige Lebens- und Arbeitsfähigkeiten geschult und das mit sehr viel Freude und Einsatz.
2022 trat dann die Neugestaltung und Begrünung des Außenbereichs in den Fokus. Auch hier wurde Augenmerk auf gartenpädagogische Methoden gelegt, deren zahlreiche positive psychische, physische, soziale und pädagogische Effekte wissenschaftlich belegt sind. Ziel war es einen Wohlfühlort für die Mitarbeiter_innen zu gestalten, aber auch die Prinzipien der ökologischen Begrünung zu vermitteln und den Mehrwert dieser Bereiche für Fauna, Flora und Mensch näher zu bringen. Aus anfänglich zwei Hochbeeten entwickelte sich bis zum Tag der offenen Tür, im Oktober 2022, eine Wohlfühloase für Mensch, Tier und Pflanzen, die für nachhaltigen Eindruck bei den Besucher_innen sorgte.
TAG 2 | Donnerstag, 21.09.2023
Karmen Frena, MBA MA | AMS Niederösterreich; Prof. Maximilian Kasy | University of Oxford
Das Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal (MAGMA) des AMS NÖ ist das weltweit erste evidenzbasierte Modellprojekt einer Arbeitsplatzgarantie.
Um zu untersuchen, ob sich Langzeitarbeitslosigkeit beseitigen lässt und was die Abschaffung der Langzeitarbeitslosigkeit bewirkt, hat das AMS NÖ im Oktober 2020 mit MAGMA ein weltweit einzigartiges Modellprojekt einer evidenzbasierten Arbeitsplatzgarantie gestartet. Ziel des Modellprojektes MAGMA ist, die Langzeitarbeitslosigkeit in einer Modellregion auf null zu senken und den negativen Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit auf Betroffene entgegenzuwirken. Die Gemeinde Gramatneusiedl ist mit ihrer Arbeitsmarktstruktur (nach Personenmerkmalen wie Alter, Ausbildung etc.) prototypisch für Niederösterreich.
MAGMA unterscheidet sich von gängigen Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik in drei Punkten:
– Es werden alle langzeitarbeitslosen Personen (aus Gramatneusiedl) einbezogen.
– Es kommt ein breiter Mix an Unterstützungsangeboten zum Einsatz.
– Die zusätzlichen Arbeitsplätze werden nicht nur im gemeinnützigen Bereich, sondern auch in der Privatwirtschaft geschaffen.
Das Projekt MAGMA wird von Wissenschafter_innen der Universitäten Wien und Oxford begleitet und laufend evaluiert, um neue Erkenntnisse für eine evidenzbasierte Arbeitsmarktpolitik zu sammeln. Die wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf zwei zentrale Themenblöcke:
– Universität Wien: Wirkungen des Übergangs aus der Langzeitarbeitslosigkeit hin zu einer Arbeitsplatzgarantie auf die Teilnehmer_innen.
– Universität Oxford: ökonomische und soziale Auswirkungen der Jobgarantie, insbesondere auf den Arbeitsmarkt.
Projektlaufzeit und Gesamtkosten:
– Das Projekt startete im Herbst 2020 und läuft bis zum Frühjahr 2024.
– Die fiskalischen Kosten eines_einer Langzeitarbeitslosen betrugen 2018 rund € 30.000 pro Jahr.
– Im Projekt MAGMA werden diese Mittel nicht zur Finanzierung der Langzeitarbeitslosigkeit, sondern zur Finanzierung von kollektivvertraglich entlohnten Arbeitsplätzen verwendet.
Im Rahmen des Vortrags werden die wichtigsten Erkenntnisse der Universität Oxford nach der ersten Projektphase sowie die finalen Ergebnisse der Universität Wien über die ersten beiden Jahre präsentiert.
Mag.a Dr.in Sabine Klinger MA | Universität Graz
Digitalisierungsprozesse modifizieren unsere Arbeitsbedingungen und die Arbeitswelt. So hat sich vor dem Hintergrund einer allgemeinen, gesellschaftlichen digitalen Transformation (Lindgren 2017) auch die Arbeit im Bereich der sozialen Dienstleistungen grundlegend verändert. Prozesse der Digitalisierung transformieren Arbeitsbedingungen und -instrumente der Beschäftigten wie auch Organisationskulturen und deren Abläufe (Kutscher et al. 2020). Digitale Technologien und Devices eröffnen nicht nur neue Möglichkeiten in der Betreuung, Begleitung und Versorgung von Adressat:innen, sondern auch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen von Fachkräften (Klinger et al. 2022).
Auf Basis des Forschungsprojektes “Soziale Dienstleistung im Zeitalter der Digitalisierung – Digitale Transformationsprozesse aktiv mitgestalten” (digi@socialwork)* diskutieren wir vor diesem Hintergrund folgende Fragen in diesem Beitrag: 1) In welchen Bereichen der Sozialen Arbeit wird digitales Arbeiten von Fachkräften bereits als selbstverständlich wahrgenommen? 2) Welche Arbeitsbedingungen sind notwendig, damit digitales Arbeiten gut in den Arbeitsalltag integriert werden kann?
Für die Bearbeitung beider Fragen fokussieren wir auf die Ergebnisse einer österreichweiten, quantitativen Online-Befragung mit 1.246 Fachkräften aus verschiedenen Handlungsfeldern. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die Fachkräfte als technikaffine und kompetente Nutzer:innen sehen und die Nutzung digitaler Technologien selbstverständlicher Teil des Arbeitsalltag und der Handlungspraxis Sozialer Arbeit geworden sind. Gleichzeitig werden die Grenzen der Nutzung digitaler Technologien deutlich, wenn es um den zwischenmenschlichen Kontakt mit Adressat:innen geht. Zudem zeigt die Umfrage, dass Fachkräfte zusätzliche zeitliche Ressourcen benötigen, um digitales Arbeiten gut in den Arbeitsalltag zu integriert. Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse die Relevanz einer zeitgemäßen Ausstattung, die Notwendigkeit besseren Mitbestimmungsmöglichkeiten und den Wunsch nach klaren Regeln in Bezug auf ortsunabhängiges Arbeiten und Fragen der Vereinbarkeit.
* Das Forschungsprojekt “Soziale Dienstleistung im Zeitalter der Digitalisierung – Digitale Transformationsprozesse aktiv mitgestalten” wurde von der Arbeiterkammer Steiermark mit Mitteln aus dem Projektfond Arbeit 4.0 gefördert und von 2020-2022 an der Karl-Franzens-Universität Graz, Österreich, umgesetzt.
Homepage: https://digital-at-socialwork.uni-graz.at
Handlungsempfehlungen: https://static.uni-graz.at/fileadmin/projekte/digital-at-socialwork/Dateien/DigiSocialWork_Einzelseiten_WEB_07-06-22.pdf
Video: https://digital-at-socialwork.uni-graz.at/de/toolbox/
Mag.a Margit Appel | Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt – BIEN Austria
Arbeit ist eine individuell und gesamtgesellschaftlich bedeutungsvolle menschliche Praxis. In ihrer kommodifizierten Form ist sie das Schlüsselelement kapitalistisch-marktwirtschaftlicher Wirtschaftsweise. Die Verfasstheit der Arbeitsgesellschaft ist so, dass Arbeit immer wieder und immer wieder neu als Herrschaftsinstrument eingesetzt wird – gerade auch, um bestehende Verhältnisse aufrecht zu halten. Im Umgang mit den Vielfach-Krisen – Demokratie-, Verteilungs-, Ökologie-, Sorgekrisen, – ist die Entwicklung eines neuen Verständnisses von Arbeit essentiell.
Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein wesentlicher Handlungsansatz zur Vor- und Umverteilung. Ein existenzsicherndes, individuelles Grundeinkommen, das weder an den Nachweis von Bedürftigkeit noch den der Arbeitswilligkeit geknüpft ist – eben bedingungslos – ist eine wesentliche Voraussetzung für die partizipative Gestaltung des Wandels der Arbeitsgesellschaft. Das BGE ist ein Instrument, das in der bestehenden Sozialstaatsarchitektur fehlt. Um seine Wirkung an der Schnittstelle von Arbeit und Einkommen in einem vielfältig emanzipatorischen Sinn entfalten zu können, braucht es die Einbettung in einen gut ausgebauten Sozialstaat. Als alleinige Lösung funktioniert das BGE eben so wenig wie arbeitsideologische Politiken und Praxen es tun.
Das Zusammendenken von Arbeit und Grundeinkommen eröffnet Perspektiven für eine demokratischere, (geschlechter-)gerechtere und nachhaltigere Gesellschaft. Individuen und Gruppen, die der aktuell singulären Identitätsstiftung durch Erwerbsarbeit nicht entsprechen können oder wollen gewinnen an Selbstbestimmung, ihre Fähigkeiten und Potentiale gehen nicht länger verloren. Soziale Arbeit kann der Kaperung durch primär auf arbeitsmarktpolitisch und sozialstaatlich fokussierte Praxen der „Aktivierung“ besser entkommen.
Literatur: Appel, Margit (2020): Grundeinkommen? Eine Krisen-Reflexion. aep-Informationen 3/2020, S. 24-27.