Posterpräsentationen
Hannah Wolter & Markus Sauerwein (Fliedner Fachhochschule Düsseldorf)
Soziale Arbeit sieht ihre Grenzen nicht an den Landesgrenzen, sondern verortet sich da, wo Missstände herrschen. Soziale Arbeit hat nicht nur einen nationalen, sondern auch einen internationalen Auftrag, der über die Landesgrenzen hinausgeht. Das betrifft sozialwissenschaftliche Berufe umso mehr und wirft die selbstreflexive Frage auf, ob Soziale Arbeit ihrerseits noch mehr dazu beitragen kann, solche globalen Werte zu vermitteln, aber auch selbst konsequenter danach zu handeln. So werden im Rahmen des Studiums der Sozialen Arbeit Seminare zum Thema „Internationale Soziale Arbeit“ angeboten.
Zugleich wird argumentiert, dass „der Austausch von Fachkräften und Studierenden […]die Systematisierung [des] wissenschaftlichen Wissens über andere Länder und den internationalen Austausch“ (Kruse, 2009, S.24) befördert. Die Bedeutung von Seminaren Internationale Sozialer Arbeit für Auslandsaufenthalte von Studierenden ist bislang kaum erforscht.
In einer online Befragung von 375 Studierenden im Jahr 2019 wurden die Zusammenhänge des Besuchs von Seminaren zum Thema Internationale Soziale Arbeit und Auslandsaufenthalten untersucht. (Wolter, 2019) Deskriptive Befunde zeigen, dass ca. die Hälfte der Befragten Studierenden kein Seminar zum Thema Internationale Soziale Arbeit besucht haben. Diejenigen die ins Ausland gehen oder dies Planen motiviert vor allem andere Kulturen kennen zu lernen. Logistische Regressionsanalysen zeigen, dass die Anzahl der besuchten Seminare zum Thema Internationale Soziale Arbeit die Chancen erhöhen, dass Studierende im Rahmen ihres Studiums ein Auslandsaufenthalt absolvieren. Dies ist bedeutsamer als die soziale Herkunft der Studierenden, obwohl Studierende den Aspekt der Finanzierung eines Auslandsaufenthalts als einen der wichtigsten Gründe für oder gegen einen Auslandsaufenthalt angaben. Diese Befunde sprechen für die hohe Bedeutsamkeit Internationale Soziale Arbeit bereits im Bachelor Studium zu verankern.
Kruse E. (2009). Zur Geschichte der internationalen Dimension in der Sozialen Arbeit. In Wagner, L., & Lutz, R. Internationale Perspektiven Sozialer Arbeit: Dimensionen – Themen – Organisationen (2. Aufl.). Wiesbaden, Deutschland: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
unveröff. BA Thesis:
Wolter, H. (2019). Die Bedeutung von internationaler Sozialer Arbeit im Studium Soziale Arbeit – inwiefern kann ein Auslandsaufenthalt Perspektiven von Studierenden beeinflussen?. Düsseldorf, Deutschland: Fliedner Fachhochschule Düsseldorf
Kathrin Bereiter & Stefan Kitzberger (FH Oberösterreich, Campus Linz)
Der österreichische Maßnahmenvollzug (offiziell: Mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme) behält sich vor, sogenannte „geistig abnorme Rechtsbrecherinnen“ auf unbestimmte Zeit in speziellen Anstalten unterzubringen, um so die Sicherheit der Öffentlichkeit gewährleisten zu können. Aktuell befinden sich in Österreich rund 1100 Personen im Maßnahmenvollzug, davon besitzen rund ein Viertel keine österreichische Staatsbüger*innenschaft. Menschen mit psychiatrischer Erkrankung sind gesellschaftlich bereits deutlich benachteiligt, kommt jedoch noch eine Straftat hinzu, wird die Stigmatisierung weiter verstärkt.
Was bedeutet es jedoch, wenn zu den Differenzkategorien ‚krank‘ und ‚straffällig‘ noch ‚Herkunft‘ hinzukommt?
Im ersten Teil einer durchgeführten qualitativen Studie wurde daher der Frage nachgegangen, ob und wie die Kategorie Migration die Betreuung, Behandlung und Unterbringung von Klientinnen im System des österreichischen Maßnahmenvollzug beeinflusst. Anhand von qualitativen Interviews mit Professionistinnen (u.a. Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen) sowie mit betroffenen Klientinnen in Maßnahmenvollzuganstalten und in forensischen Nachsorgeeinrichtungen wurde aufgezeigt, mit welchen migrationsspezifischen Herausforderungen untergebrachte Klientinn*en konfrontiert sind und wie sich diese Herausforderungen auf die professionelle Begleitung dieser Zielgruppe auswirken können.
In Anschluss an diesen ersten Teil der Studie wird ab Herbst 2021 daran geforscht, aus diesen gewonnen empirischen Erkenntnissen konkrete Handlungsanleitungen und Maßnahmenempfehlungen für die (Soziale) Arbeit mit ‚Migrationsanderen‘ im System Maßnahmenvollzug zu entwickeln. Ziel der Forschung ist unter anderem, die Umsetzung von Menschenrechten auch in dieser totalen Institution weiter zu forcieren.
Janine Winter, MA und Barbara Thalmann, MA (FH St. Pölten)
In Österreich ist die Betriebliche Sozialarbeit (BSA) (noch) nicht etabliert. Dass diese Form der Sozialen Arbeit aber nicht nur für Mitarbeiter*innen, sondern auch für die Unternehmen und somit auch für die wirtschaftliche Lage eines Landes Möglichkeiten, Chancen und Vorteile bietet, beweisen Vorzeigeländer wie beispielsweise die Schweiz. Das Gebiet der BSA interessiert uns aus unterschiedlichen und doch gemeinsamen Motiven. Einerseits wurden bereits Erfahrungen in Vorberufen gesammelt, in denen eine betriebliche Sozialarbeit als Unterstützung für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen wünschenswert gewesen wären. Denn persönliche Probleme belasten nicht nur das Privatleben, sondern beeinflussen auch den beruflichen Kontext. Genauso kann es auch umgekehrt betrachtet werden: Betriebliche Probleme können zu einer Belastung im Privatleben führen. Wesentliche Erkenntnisse unserer Masterthesis sind, dass sich die BSA aus ihrer Nische bewegen soll und auch muss. Ein passender Vergleich ist hier der Verweis auf die Schulsozialarbeit, welche den Ursprung aus einem Projekt gründet und sich heute als Selbstverständnis in der Landschaft der Sozialen Arbeit wiederfindet. Unserer Einschätzung nach kann der BSA ein gleichwertiges Potenzial im Hinblick auf eine Etablierung beigemessen werden. Durch die Auseinandersetzung mit der praktischen Umsetzung der BSA in der Schweiz wird klar deutlich, welch einen Nutzen für alle Beteiligten eines Unternehmens und in weiterer Folge auch für das Sozialsystem die BSA beinhaltet. Aufgrund dessen ist es unerlässlich, sich nicht weiter mit der Frage zu beschäftigen, ob es BSA in Österreich braucht, sondern mit der Überzeugung, dass BSA in Österreich Anwendung finden muss. Die Profession der Sozialen Arbeit in der Schweiz lässt sich von Rückschlägen, Problemen und Herausforderungen nicht vom Weg der Umsetzung von BSA abbringen und führte uns im Zuge der Erhebungen vor Augen, mit welcher Standhaftigkeit und Kraft sich die Professionist*innen für das besondere Handlungsfeld unter Berücksichtigung der ethischen Haltungen und Grundwerte für die weitere Etablierung der BSA einsetzen. Das bedeutet für Österreich aber auch, dass Zeit, Mut, Geduld und Durchhaltevermögen bewiesen werden müssen, um den ersten Schritt für eine BSA in Österreich setzen beziehungsweise den Weg ebnen und diesen zukünftig weiter beschreiten zu können.