Konzeptetheorie 2013

11:30 – 13:00 Uhr: Konzepte und Theorie – Zugänge aus Medizin / Psychologie / Soziale Arbeit / Pädagogik

MEDIZIN: „Autonomie und freudvolles Leben als Therapieziel in der Medizin”
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Musalek, Anton Proksch Institut Wien
Das Wiedererlangen von Gesundheit ist oberstes Ziel in der Medizin. Spätestens seit 1949, dem Erscheinungsjahr der bis heute gültigen WHO-Definition von Gesundheit wissen wir, dass Gesundheit nicht nur Abwesenheit von Krankheit, sondern darüber hinaus erst in körperlichem, psychischem und sozialem Wohlsein (well-being/Wohlergehen) gegeben ist. Fragt man Betroffene, ab wann ein solch umfassendes Wohlergehen erreicht ist, dann antworten die allermeisten: „wenn das Leben wieder schön ist“; im Konkreten: „wenn es wieder in hohem Maße autonom geführt und es weitgehend freudvoll erlebt werden kann.“ Autonomie und freudvolles Leben werden damit zu zentralen Zielsetzungen eines auf Gesundheit des Einzelnen ausgerichteten medizinischen Handelns.

(Sozial-)PSYCHOLOGIE: „Jenseits der sozialen Amnesie: Für eine reflexive Psychologie
Prof. Dr. Heiner Keupp, Ludwig Maximilians Universität München
Psychosoziale Arbeit hat eine seismographische Relevanz, auch wenn sie diese nicht immer wahrnimmt. Sie arbeitet an den Krisen der Subjekte und deren mangelnden Ressourcen, diese zu bewältigen. Die Häufung spezifischer Krisen verweist aber über das einzelne Subjekt hinaus und macht es erforderlich, den kulturell-gesellschaftlichen Hintergrund zu beleuchten und zu benennen, der diese Krisen fördert. Die in den letzten Jahrzehnten registrierte Zunahme etwa von Depressionen, Burnouterfahrungen, Borderline- oder Essstörungen sind Beispiele für die Notwendigkeit, neben einer psychodiagnostischen auch eine gesellschaftsdiagnostische Einordnung vorzunehmen. Die Entwicklung zu einem globalisierten Netzwerkkapitalismus hat die Alltagserfahrungen der Menschen nachhaltig verändert und sie hat sich auf deren Selbstbilder und Normalitätsvorstellungen ausgewirkt. Der neue Kapitalismus hat uns ein spezifisches Störungspanorama beschert, das allerdings im Sprachspiel der klinischen Diagnostik nicht in seinem gesellschaftlichen Rahmen benannt und eingeordnet werden kann. Hier liegt ein professionelles Reflexionsdefizit vor. Die psychosoziale Arbeit braucht eine Gesellschaftsdiagnostik und kann zu ihr beitragen.

SOZIALE ARBEIT: „Methodenlehre zwischen Sozialarbeitstheorie und Welterklärung. Zum Werk von Peter Pantuček”
FH-Prof.in Dr.in Manuela Brandstetter, FH St. Pölten
Insgesamt galt die Verzahnung von sozialwissenschaftlichen Theorien mit sozialarbeitsspezifischen bzw. -technischen Fragen der Genese von Instrumenten und Techniken seit mehreren Dekaden als Schwerpunkt in Peter Pantučeks Lehre. Zur Einzelfallhilfe, zu personenbezogenen Interventionen arbeitend war es bei ihm nicht der bloße Rahmen der übergangslos zum eigentlichen Spezialwissen eher thematisch-assoziativ überführte, der von der Handlung separiert zu betrachten war. Vielmehr ging es hier um eine (unmittelbar abzuleitende) Methode, um an Interaktions- und Sozialtheorien angelehnte Beratungsinstrumente bzw. um induktiv gewonnene Techniken, welche im Skript ihre Darstellung sowie ihren Anwendungsbezug für die Auszubildenden erfuhren. Von diesen Brückenschlägen handelt der gegenständliche Vortrag, der mit Beispielen aus seinem Fundus arbeitet und Einblick bietet in das, wofür PP erhebliche Pionierarbeit leistete.

(Sozial-)PÄDAGOGIK: „Partizipative Alltagsgestaltungsideenfindung”
Univ.-Prof. Dr. Arno Heimgartner, Karl-Franzens-Universität Graz
Zunächst wühlen wir in den wissenschaftstheoretischen Grundlagen, um Beschreibungen, Bewertungen und Planungen zu differenzieren. Danach wandeln wir durch die Heterogenität der Lebenswelten, um Anlässe für Veränderung zu orten. Anschließend überspringen wir die knifflige Methodenfrage „Wie kann partizipative Alltagsgestaltung gelingen?“ und wenden uns direkt den Gestaltungsideen aus eigener Produktion und aus dem Fundus der Sozialen Arbeit zu.